Flüchtlingsberatung in NRW vor dem Aus?

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Die Beratungsstellen für Geflüchtete in NRW stehen vor dem Aus.

Wenn sie bis Juni keine Landesmittel erhalten, müssen sie schließen, sagt Andrea Genten, die Vorsitzende von Refugio e. V., dem Trägerverein des Café Zuflucht in Aachen.

Das Café Zuflucht berät seit über 30 Jahren geflüchtete Menschen, Erwachsene, Familien und unbegleitete Minderjährige sowie Menschen mit unsicherem Aufenthalt kostenlos zu asyl-,aufenthalts- und sozialrechtlichen Fragen.

Ende letzten Jahres habe das Land NRW eigentlich angekündigt, dass sowohl die soziale Beratung von Geflüchteten als auch die Asylverfahrensberatung für unbegleitete Minderjährige weiter gefördert werden. Eine neue Förderrichtlinie sei bis heute allerdings nicht veröffentlicht worden - und ein Termin dafür auch nicht in Sicht. Und bis dahin können die Beratungsstellen keine Anträge auf finanzielle Förderung beim Land stellen.

„Von der Antragstellung bis zur Auszahlung vergeht mindestens ein halbes Jahr. Schon jetzt geraten kleine Träger an ihre finanziellen Grenzen, wenn sie die vom Land bewilligten Mittel bis zur Haushaltsfreigabe vorfinanzieren müssen. Für kleine Träger, die eine hohe Finanz- und Personalverantwortung tragen, für die die Vorstände persönlich haften (!), ist es völlig unkalkulierbar, ob und in welcher Höhe sie gefördert werden und wann mit der Auszahlung der bewilligten Fördergelder zu rechnen ist“, so Genten weiter.

Erschwerend komme hinzu, dass das Land keine Möglichkeit sieht, kleinen Trägern durch Abschlagszahlungen über finanzielle Engpässe hinwegzuhelfen.

„Ohne angemessene Beratung werden Geflüchtete in NRW recht- und schutzlos gestellt", sagt Birgit Naujoks, die Geschäftsführerin des Flüchtlingsrat NRW e.V. „Geflüchtete Menschen verlieren kompetente Anlaufstellen, die ihnen helfen, sich im undurchsichtigen Dickicht des Asyl- und Aufenthaltsgesetzes zurecht zu finden, ihre Rechte wahrzunehmen und eine Bleibe- und Teilhabeperspektive für ein Leben in Sicherheit und Würde zu erlangen. Entrechtung und erleichterte Abschiebungen sind die Folge“.

„Diese Priorisierung folgt dem politischen Mainstream“, so Naujoks weiter. „Anders als noch 2015, als überall an den deutschen Bahnhöfen geflüchtete Menschen mit Applaus willkommen geheißen wurden, und der Begriff der „Willkommenskultur“ das gesellschaftliche Klima bestimmte, stehen die Zeichen angesichts des wachsenden Rechtspopulismus heute auf Abschreckung, Abschottung und Abschiebung.“

Entsprechend dieser Logik habe das Land auch keine Probleme, trotz klammer Kassen 300 Mio € für ein neues Abschiebegefängnis in Mönchengladbach bereit zu stellen und 12,5 Mio € für die diskriminierende Bezahlkarte.

Die Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege NRW hat errechnet, dass allein mit den 12,5 Mio € für die Bezahlkarte 236 Vollzeitstellen im Bereich des Programms Soziale Beratung von Geflüchteten finanziert werden könnten.

Die Beratungsstellen haben den Eindruck, dass das Land das Aus der Beratungsstellen für Geflüchtete absichtlich in Kauf nimmt.