IHK-Herbstumfrage: Weiter Pessismismus

© IHK Aachen/Jörg Hempel

In der hiesigen Wirtschaft fehlt das Vertrauen in die Zukunft, es herrschen trübe Aussichten - das hat die Aachener IHK bei ihrer Herbstumfrage festgestellt.

Demnach erwartet ein Großteil der Unternehmer in den kommenden Monaten eine weitere Verschlechterung der Geschäftslage.

Seit 2022 blicken die Firmen somit zum achten Mal in Folge pessimistisch nach vorne, damit werde die längste Negativphase der vergangenen 30 Jahre weiter ausgebaut, heißt es von der IHK.

Für ihre jüngste Konjunkturumfrage hat die IHK Aachen 334 Unternehmen mit mehr als 30.000 Beschäftigten aus der Städteregion Aachen sowie den Kreisen Düren, Euskirchen und Heinsberg befragt.

IHK Aachen-Herbstumfrage 2024

Hier die Details aus der Herbstumfrage der IHK:

"Auch die Lagebeurteilungen haben sich rückläufig entwickelt. Drei von zehn Betrieben sind aktuell zufrieden, geringfügig weniger melden schlechte Geschäfte. Der Saldo sank auf +3 Punkte und liegt damit weit unter dem langjährigen Schnitt von +26 Punkten.

Die Ertragslage bleibt auf dem niedrigen Niveau des Frühjahrs. Das betrifft nahezu alle Wirtschaftssektoren. Nur im Dienstleistungssektor berichten die Unternehmen mehrheitlich von einer Verbesserung. In der Industrie sind bei vier von zehn Befragten die Auftragseingänge rückläufig. Ähnlich sieht es auch im Baugewerbe aus. Beim Export sind in den kommenden Monaten ebenfalls keine positiven Impulse zu erwarten. Drei von zehn Industrieunternehmen rechnen damit, dass die Nachfrage aus dem Ausland sinkt, nur jeder fünfte Befragte geht von einem Anstieg aus.

Die Wirtschaft steckt nach wie vor in einer äußerst komplexen Gemengelage fest: Arbeits- und Fachkräftemangel, eine schwächelnde Inlandsnachfrage, steigende Arbeitskosten sowie die allgemeinen wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen stellen die Unternehmen vor große Herausforderungen. Jedes neunte Industrieunternehmen gibt angesichts dieser Umstände an, seine Produktion im Ausland aus- beziehungsweise aufbauen und gleichzeitig in Deutschland reduzieren zu wollen. Weitere 5 Prozent erhöhen die Produktion im Ausland, ohne sie in Deutschland zu verändern. „In Summe engagiert sich damit jeder sechste Industriebetrieb stärker im Ausland als in Deutschland. Das zeigt den kompletten Vertrauensverlust“, betont Bayer. „Diese Produktionsverlagerungen sind Potenziale, die unserer Region verlorengehen. Die Unternehmen brauchen dringend Planungssicherheit, zum Beispiel bei der Energieversorgung, damit sie den Standort Deutschland nicht abschreiben.“

Die Unsicherheit der Unternehmen spiegelt sich in einer geringen Investitionsneigung sowie in zurückhaltenden Beschäftigungsplänen wider. Die Arbeitslosenquote in der Region Aachen ist seit dem Frühjahr auf 6,7 Prozent gesunken. Sie ist damit weiterhin höher als auf Bundesebene (6,0 %), allerdings deutlich niedriger als in NRW (7,6 %). „Der Rückgang im IHK-Bezirk liegt vor allem an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen in der Städteregion Aachen“, erläutert IHK-Geschäftsführer Michael F. Bayer. „Dadurch sollen die Integrationschancen von Langzeitarbeitslosen erhöht werden. Es bleibt allerdings abzuwarten, wie sich die Arbeitslosigkeit zum Ende der Maßnahmen entwickelt.“

Geschäftslage und Erwartungen der Befragten im Detail:

Die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Industrie sind mit ihrer Geschäftslage im Vergleich zum Frühjahr deutlich unzufriedener. 21 Prozent der Befragten bezeichnen die aktuellen Geschäfte als gut, ein Drittel ist unzufrieden. Bei den meisten Betrieben sind die Umsätze in den vergangenen Monaten gesunken: 55 Prozent berichten von rückläufigen Umsätzen, bei 23 Prozent sind diese gestiegen. Entsprechend sank auch die Auslastung der Produktionskapazitäten von 79 Prozent auf 77 Prozent und liegt damit noch mehr als zuletzt unter dem langjährigen Durchschnitt von 80,7 Prozent. 11 Prozent der Industrieunternehmen haben zurzeit Kurzarbeit angemeldet, weitere 9 Prozent rechnen damit kurzfristig.

Ein kleiner Lichtblick: Bei den Dienstleistern ist die konjunkturelle Lage deutlich positiver als in den anderen Wirtschaftssektoren. Seit dem Frühjahr hat sie sich sogar leicht verbessert: 38 Prozent der Befragten melden gute Geschäfte, 11 Prozent schlechte. Bei 44 Prozent sind die Umsätze gestiegen, rund ein Viertel berichtet von gesunkenen Umsätzen.

Im Handel bleibt die Lage bei der überwiegenden Zahl der Unternehmerinnen und Unternehmer negativ. Nur 18 Prozent der Befragten melden aktuell gute Geschäfte, ein Drittel ist unzufrieden. Dabei unterscheiden sich die Lagebewertungen im Groß- und Einzelhandel deutlich. Im Großhandel sind aktuell nur 9 Prozent der Befragten mit der Situation zufrieden, 41 Prozent melden schlechte Geschäfte. Im Einzelhandel melden hingegen 39 Prozent der Befragten gute Geschäfte, 17 Prozent sind unzufrieden.

Das Baugewerbe bewertet seine Lage noch immer überdurchschnittlich positiv, allerdings haben auch hier die Meldungen eine rückläufige Tendenz. 45 Prozent der Befragten berichten von guten Geschäften, nur 5 Prozent sind nicht zufrieden. Das ist die beste Lagebewertung aller Wirtschaftssektoren. Gestiegene Zinsen und Rohstoffpreise erschweren jedoch das Geschäft im Baugewerbe. Von positiven Geschäften berichten der Tiefbau sowie die Bauinstallateure. Schlechter sind die Rückmeldungen aus dem Hochbau und der Projektentwicklung.

Der Exportumsatz der Industrie hat sich in den zurückliegenden Monaten negativ entwickelt. Bei nur jedem fünften Befragten sind die Auslandsumsätze gestiegen, bei 57 Prozent gesunken. Auch die Auftragseingänge aus dem Ausland haben eine rückläufige Tendenz. 20 Prozent der Betriebe verzeichnen mehr Exportnachfrage, bei fast doppelt so vielen (38 Prozent) ist sie hingegen zurückgegangen. Dabei geht die Mehrzahl der Befragten davon aus, dass sich dieser Trend fortsetzt. Ein Fünftel aller Betriebe rechnet mit einem Anstieg des Auslandumsatzes, drei von zehn hingegen mit einem Rückgang.

Die Ertragslage der Betriebe bleibt annähernd auf dem sehr niedrigen Niveau des Frühjahrs. 42 Prozent der Befragten melden rückläufige Erträge, bei nur halb so vielen (21 Prozent) sind sie gestiegen. Der Saldo stieg minimal um +1 auf -21 Punkte, ist aber deutlich im negativen Bereich.

Aufgrund der schwierigen konjunkturellen Lage sind die Investitionspläne der Unternehmen weitgehend zum Erliegen gekommen. 23 Prozent der Unternehmerinnen und Unternehmer erwarten noch einem Anstieg der Investitionen, 21 Prozent wollen die Ausgaben senken. Jeder 8. Betrieb will sogar gar nicht investieren. Damit stagnieren die Investitionsabsichten der Unternehmen seit nunmehr zwei Jahren. „Auch daran wird deutlich, wie wenig Zuversicht die Unternehmerinnen und Unternehmer in die Zukunft haben“, unterstreicht Bayer.

Die Unternehmerinnen und Unternehmer gehen von keinen Veränderungen am Arbeitsmarkt in den kommenden Monaten aus. Im Vergleich zum Frühjahr sind die Beschäftigungspläne aber deutlich zurückgegangen. Ein Fünftel aller Befragten rechnet mit einem Anstieg der Beschäftigtenzahlen, geringfügig mehr mit einem Rückgang. Die Einschätzungen sind damit erstmals seit dem Ende der Corona-Pandemie überwiegend negativ. Rund die Hälfte aller Betriebe (51 Prozent), die Einstellungen planen, suchen nach Mitarbeitenden mit einer dualen Berufsausbildung, 42 Prozent wollen Fachwirte, Meister oder jemandem mit einem sonstigen Weiterbildungsabschluss einstellen, geringfügig weniger (41 Prozent) suchen Mitarbeitende mit einem Fach- beziehungsweise Hochschulabschluss. 38 Prozent möchten Schulabgänger oder Auszubildene gewinnen, rund ein Drittel Mitarbeitende ohne abgeschlossene Berufsausbildung.

Geschäftslage und Erwartung in den Teilregionen

  • Stadt Aachen: Die Situation der Unternehmerinnen und Unternehmer in der Stadt Aachen ist weiterhin positiv, hat aber eine rückläufige Tendenz. 39 Prozent melden gute, 12 Prozent schlechte Geschäfte. Die Erwartungen bleiben konstant auf niedrigem Niveau: 21 Prozent der Befragten sind zuversichtlich, 14 Prozent rechnen mit einer negativen Entwicklung.
  • Übrige Städteregion Aachen: Im ehemaligen Kreis Aachen hat sich die Situation der Unternehmen deutlich verschlechtert. 15 Prozent der Befragten sind mit dem Geschäft zufrieden, 36 Prozent sind es nicht. Die Aussichten haben sich ebenfalls deutlich eingetrübt: Nur noch 10 Prozent der Befragten gehen von einer positiven Entwicklung in den kommenden Monaten aus, 37 Prozent sind wenig zuversichtlich."